In Blossenau werden bzw. wurden derzeit der Abwasserkanal, die Wasserleitung und die Oberflächenentwässerung neu errichtet. In diesem Jahr soll noch die Erdverkabelung des Stromnetzes und der Straßenbeleuchtung sowie die Glasfaserverlegung erfolgen.

Nach Abschluss dieser Baumaßnahmen werden im Rahmen der Dorferneuerung die Oberflächen wiederhergestellt und entsprechend gestaltet. Danach sollten in unserem Dorf in den nächsten 40 Jahren keine größeren Infrastrukturmaßnahmen und somit auch Kosten mehr erforderlich sein.

Aufgrund dieser Situation entstand die Überlegung, die Errichtung eines Nahwärmenetzes zu prüfen und bei ausreichend Interesse und gegebener Wirtschaftlichkeit zu realisieren, bevor die Oberflächenwiederherstellung stattgefunden hat.

In einer hocheffizienten und abgasarmen Heizzentrale wird, z.B. mit Hackschnitzeln aus regionalen Wäldern, Wärme in Form von Warmwasser erzeugt.

Über ein Rohrleitungsnetz wird diese Wärme zu den angeschlossenen Gebäuden transportiert. Diese isolierten Wärmerohre werden ähnlich wie Wasserleitungen im Boden verlegt. In den Gebäuden befindet sich ein Wärmetauscher (Wärmeübergabestation), der die Wärmeenergie des Wärmenetzes an das Heizungswasser des Gebäudes überträgt. Dadurch wird das heiße Wasser des Wärmenetzes abgekühlt und anschließend wieder zur Heizzentrale zurück transportiert, um es wiederum zu erhitzen.

Das Wasser des Nahwärmenetz und das Wasser der Gebäudeheizung sind folglich durch den Wärmetauscher getrennt. Die neue Wärmeübergabestation in den Gebäuden ersetzt somit den derzeit vorhandenen Heizkessel. Alle anderen Komponenten der bestehenden Heizungsanlage können weiterverwendet werden.

In Blossenau gibt es über 100 Gebäude die Heizenergie benötigen. Die grundsätzlichen Annahmen einer wirtschaftlichen Nahwärmeversorgung beruhen auf den folgenden Punkten:

•  Es ist günstiger eine große Heizanlage zu errichten als viele Einzelanlagen.
•  Der Betrieb einer Heizanlage verursacht weniger Aufwand und Kosten als der Betrieb von vielen Einzelanlagen. (Wartung, Reparatur, Überwachung, Optimierung)
•  Der Energie- und Brennstoffbezug einer Heizanlage ist günstiger als bei Einzelanlagen.

Werden diese drei Annahmen bestätigt, resultiert im Vollkostenvergleich eine günstigere Wärmeversorgung, als sie mit alternativ möglichen Einzelanlagen derzeit möglich ist. Hier erkennt man bereits, dass für ein Gelingen eines Nahwärmeprojektes eine möglichst hohe Anzahl von Nutzern erforderlich ist. Grundsätzlich gilt, je höher die Anzahl der Nutzer desto wirtschaftlicher ist das Projekt und desto günstiger ist der Wärmepreis.

In der Regel beschäftigt man sich alle 20 bis 30 Jahre mit dem Thema Heizung. Daher werden einem die bestehenden gesetzlichen Anforderungen erst dann schmerzlich bewusst, wenn man mit dieser Fragestellung konfrontiert ist. Seit Inkrafttreten der Wärmeschutzverordnung im Jahr 1977 wird von sämtlichen Regierungen das Ziel verfolgt den Energieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren. Das seit Jahren erklärte Ziel ist es, die Verbrennung fossiler Brennstoffe in den Gebäuden erheblich zu reduzieren. Dies findet man oft unter dem Begriff „Dekarbonisierung des Gebäudebestandes“.

Mit dem Energieeinspargesetz (EnEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG), hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Regelungen getroffen die bei Neubau, Sanierung von Gebäuden oder nun auch Heizungstausch zwingend eingehalten werden müssen. Diese Vielzahl an Rechtsvorschriften wurden am 01. November 2020 im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammengeführt.

•  Mit der EnEV 2016 wurde mit der Austauschpflicht von Kesselanlagen, die älter als 30 Jahre alt sind, erstmalig in den Gebäudebestand eingegriffen. Derzeit existiert zwar noch eine Vielzahl von Ausnahmen, die aber nach und nach reduziert werden.
•  Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz (Klimapaket) wurde im Jahr 2019 das Ende der Ölheizungen eingeläutet. Ab 2026 wird es nicht mehr erlaubt sein, eine Ölheizung als einzige Energiequelle zum Beheizen neu zu installieren.
•  Seit Januar 2021 wurde die CO2-Bepreisung eingeführt. Hier ist bereits jetzt gesetzlich festgeschrieben, dass sich die CO2-Kosten von 25 € pro Tonne in 2021 bis zum Jahr 2025 auf 55 € pro Tonne erhöhen. Dadurch wird 1 Liter Heizöl allein durch die CO2-Bepreisung beginnend mit 2021 bis 2026 um ca. 17,5 ct teurer.

Betreiber von Holzheizungen werden dagegen mit den Anforderungen der Bundesimmissions-schutzverordnung (BImSchV) konfrontiert. Hier werden die Grenzwerte für den maximal zulässigen Staub- und Kohlenmonoxidgehalt geregelt, die zwingend eingehalten werden müssen. Eine kontinuierliche Verschärfung dieser Vorschriften führt dazu, dass teilweise Filter nachgerüstet oder sogar Anlagen außer Betrieb genommen werden müssen.

Aufgrund der momentan stattfindenden Baumaßnahmen wird es nach deren Abschluss über lange Zeit nicht möglich sein ein Wärmeprojekt in die Umsetzung zu führen. Derzeit gibt es schlagkräftige Argumente den Versuch zur Realisierung zu starten:

•  Aufgrund der Baumaßnahmen sind erhebliche Kostenvorteile bei der Wärmenetzverlegung zu erwarten, da keine Oberflächenwiederherstellung notwendig ist.
•  Aufgrund der hohen Förderungen für den Heizungstausch beschäftigen sich derzeit viele Privatleute mit dieser Thematik. Nun wurde diese Förderung auch auf den Anschluss an ein Nahwärmenetz ausgeweitet.
•  Auch die Fördermöglichkeiten der Wärmeerzeugung und des Wärmenetzbaus wurden in den letzten beiden Jahren deutlich verbessert.
•  Die Einführung der CO2-Abgabe seit 2021 wird fossile Brennstoffe verteuern.
•  Das Einläuten des Endes der Heizölheizungen, in Kombination mit der CO2-Abgabe, grenzt die Möglichkeiten der alternativen Einzellösungen zukünftig stark ein.

Die Erzeugung der Wärme soll vollständig auf Basis von lokalen Brennstoffen erfolgen. Das heißt die überwiegende Wärmemenge in der Heizperiode wird mit einem Hackschnitzelkessel erzeugt. Die Erzeugungsanlage besteht ausfolgenden Komponenten:

•  Hackschnitzelkessel
•  Reserve- und Spitzenlastkessel (Flüssiggas oder Heizöl)
•  Pufferspeicher (dient zur Überbrückung von Ausfallzeiten, Spitzenlastkappung und ermöglicht einen effizienten Kesselbetrieb)

Diese Erzeugungsanlage befindet sich im Eigentum der Genossenschaft, sodass die Unabhängigkeit der Genossenschaft stets gewahrt bleibt. Sind auch derzeit die Hackschnitzel günstig, ist es dennoch das Ziel, für die Wärmebereit-stellung in wärmeren Monaten, keinen Brennstoff einsetzen zu müssen.

Aufgrund der Langlebigkeit eines Wärmeprojektes werden auch zeitweise oder auch dauerhaft höhere Holzpreise eintreten. Für die Wärmebereitstellung in den wärmeren Monaten bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Blossenauer Landwirte eine Gülle-Biogasanlage (80% Gülle / 20% Substrat) mit einer elektrischen Leistung von 100 kW erreichten und betreiben.

Die bei der Stromproduktion entstehende Abwärme kann dann ganzjährig in das Wärmenetz eingespeist werden und die Grundlast bereitstellen. Da die Gülle ohnehin im Dorf anfällt, kann diese hierfür sinnvoll genutzt werden. Ob diese Anlage wirtschaftlich realisiert werden kann, wird derzeit geprüft.

Die Novellierung des EEG zu Jahresbeginn hat gewisse Verbesserungen mit sich gebracht, wodurch eine Realisierung durchaus möglich ist. Sollte sich eine Gülleanlage nicht realisieren lassen, wird für die Sommermonaten in den Planungen Solarthermie bzw. Photovoltaik in Verbindung mit einer Wärmepumpe betrachtet.

Wie die Anlagenauslegung final erfolgt und wo der Standort ist, hängt entscheidend davon ab, wie viele Interessenten sich an die Nahwärme anschließen und wie hoch somit der Wärmeabsatz ist.

Nahwärmenetze sind effizienter und nachhaltiger als Einzelfeuerungsanlagen und bieten den Wärmeabnehmern viele Vorteile:

•  Ein Nahwärmeanschluss bietet den höchstmöglichen Komfort. Die Wärme wird direkt in die Gebäude geliefert. Daher wird keine eigene Heizanlage mehr benötigt, wodurch die oft zeitintensive Brennstoffbeschaffung und -anlieferung entfällt. Insbesondere gegenüber einer Scheitholzheizung ist hier die Arbeit- und Zeitersparnis enorm.
•  Brennstofflagerstätten (Öltanks, Pellets, Hackschnitzel, usw.) und der Kamin werden zukünftig nicht mehr benötigt. Dies spart Geld und schafft ein zusätzliches Raumangebot im Keller.
•  Heizölgerüche und die mit der Lagerung verbundenen Risiken sind bei einem Nahwärmeanschluss ausgeschlossen. Teilweise reduzieren sich auch die Kosten für Versicherung. Als Besitzer eines Heizöltanks ist man per Gesetz für Schäden durch auslaufendes Öl verantwortlich - selbst wenn einem keine Schuld trifft.
•  Wertschöpfung vor Ort: Durch die favorisierte Hackschnitzelanlage als Hauptwärmequelle soll ein neues Absatzangebot für die regionalen Waldbesitzer entstehen, wodurch weite Transportwege vermieden werden. Dies gilt insbesondere für Waldbesitzer die auch Genossenschaftsmitglied sind.
•  Für den Hauseigentümer entfallen die Kosten für den Kaminkehrer, für die Kesselwartung und -instandhaltung sowie der Strombedarf der Kesselanlage.
•  Der Anschluss an das Nahwärmenetz ist deutlich günstiger als die Neuanschaffung eines Wärmeerzeugers, der die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Dieser Vorteil kommt gerade bei Neubauten unmittelbar zum Tragen.
•  Die Installation mehrerer Kessel im Heizhaus inkl. einer Noteinspeisemöglichkeit für einen mobilen Wärmeerzeuger gewährleistet die höchstmögliche Versorgungs- und Betriebssicherheit, sowohl für Heizung als auch für Warmwasser.
•  Jedes Heizsystem, egal ob Heizkörper oder Flächenheizung (Fußboden- oder Wandheizung) ist für einen Anschluss an die Nahwärmeversorgung geeignet.
•  Ein Nahwärmanschluss erfüllt sämtliche gesetzlichen Anforderungen (z.B. Gebäudeenergiegesetz) die an eine Wärmeversorgung derzeit gestellt werden. Bei Neubauten und Gebäudesanierungen können Kosten gespart und zinsgünstige Darlehen und Tilgungszuschüsse der KfW in Anspruch genommen werden.
•  Holzhackschnitzel sind umwelt- und ressourcenschonend. Sie stärken die regionale Wertschöpfung und haben im Vergleich zu fossilen Energieträgern wie Heizöl ein hohes CO2-Einsparpotenzial.

Für die Umsetzung und den späteren Betrieb des Nahwärmeprojektes soll eine Genossenschaft gegründet werden. Bei einer Genossenschaft schließen sich Personen zusammen, um gemeinsam unternehmerisch tätig zu sein. Das Ziel der Genossenschaft ist es, die Wärme für die Mitglieder so günstig wie möglich bereitstellen zu können.

Jedes Mitglied einer Genossenschaft hat eine Stimme und wird in Entscheidungsprozesse mit einbezogen. Somit hat eine Genossenschaft gegenüber anderen Gesellschaftsformen klare Vorteile wie Unabhängigkeit, Transparenz, Fairness, Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die Geschäftspolitik, Bürgereigentum und Basisdemokratie.

Die Rechtsform der Genossenschaft ist für die Realisierung des Nahwärmeprojektes bestens geeignet. Jedes Mitglied kann sich entsprechend einbringen und mitwirken, wird über die Vorgänge detailliert informiert und hat die Gewissheit, dass er für die Wärme nur so viel bezahlt, wie für den Betrieb des Nahwärmenetzes erforderlich ist.

Die Grundlage jeglicher Berechnungen bilden die Informationen, die im Rahmen der Datenerhebung abgefragt werden. Anhand dieser Informationen wird für jeden Interessenten eine Vergleichsberechnung zwischen Nahwärme und alternativen Heizsystemen erstellt. Dies führen wir deshalb durch, damit jeder Interessent für sich eine bewusste Entscheidung treffen kann, ob er sich an die Nahwärme anschließt.

Die Abfrage bzgl. Photovoltaikanlagen ist nicht direkt für das Wärmeprojekt relevant. Da aber seit der Novellierung des EEG zu Beginn des Jahres die Möglichkeit besteht den erzeugten Strom nicht nur im eigenen Gebäude zu verwenden, sondern auch im Umfeld zu vermarkten, kann hieraus ein weiterer Vorteil für die Genossenschaftsmitglieder resultieren.

Die Verlegung des Nahwärmenetzes wird gemeinsam mit dem Straßenbau der Dorferneuerung als ein Projekt stattfinden. Konkret bedeutet dies, dass am Ende eine Firma sowohl den Straßenbau als auch die Verlegung des Nahwärmenetzes durchführen muss. Die nächsten Meilensteine hierfür sind folgende:

•  Vorerkundung der Hausanschlüsse Anfang Januar 2022
•  Planung der Wärmeleitungstrasse mit Hausanschlüssen Januar/Februar 2022
•  Beschluss eines Leistungsverzeichnisses zur Ausschreibung durch die Genossenschaft Ende Februar 2022
•  Ausschreibung der Straßenbaumaßnahmen inkl. der Verlegung des Nahwärmenetzes Bis Ende April 2022
•  Voraussichtlicher Baubeginn Ende Juni 2022

Wie der genaue Bauablauf dann sein wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Maßgeblich hierfür wird es sein, wie die ausführende Firma den Bauablauf organisieren wird.